Jungfrau Marathon 2012

9. September 2012
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PREMIERE AN DER JUNGFRAU

Die schönste Marathonstrecke der Welt, so wirbt der Jungfrau-Marathon in der Titelzeile seiner Homepage. Das ist natürlich eine subjektive Meinung und wohl schwer nachprüfbar. Das sie schön ist, da gibt es keinen Zweifel dran. Und in diesem Jahr war grosses Jubiläum in der Jungfrau-Region, zum 20. Mal wurde der mittlerweile legendäre Marathon ausgetragen. Ich mag mich noch gut erinnern, als ich das Plakat zum ersten Jungfrau-Marathon auf der Scheidegg sah, damals hatte ich mit Laufen nicht viel am Hut, die müssen ziemlich bekloppt sein, die da mitmachen, dachte ich mir damals. 20 Jahre später sollte ich selber zu diesen Wahnsinnigen gehören.

Eigentlich wollte ich diesen Schweizer Klassiker schon lange mal gelaufen haben, aber es ergab sich irgendwie nicht, das Jubiläum sollte das ändern und es sollte die richtige Entscheidung sein.
Als ich im ICE nach Interlaken sass, kam die Sonne langsam hinter den Bergen hervor, es kündigte sich ein toller Spätsommertag an, wolkenlos, strahlend blauer Himmel, ein sensationelles Jubiläumswetter. Einzig meine miese Vorbereitung liess mich etwas unsicher sein, Bergläufe hatte ich quasi überhaupt nicht trainiert und die einzigen Langen, waren die, die ich mit Laura zusammen absolviert hatte, nur ein Einziger über 30 Kilometer. Nun denn, ich vertraute auf meine Erfahrung und zudem wollte ich den Marathon touristisch laufen, also ohne Ambitionen. Einfach mitmachen und Ankommen war die Devise, Zeit egal.

 

Tolle Stimmung auf der gesamten Strecke

Ich war gespannt auf diesen so hoch gelobten Marathon, was mir dann schon gleich gefiel, trotz grossem Starterfeld gab es weder Gedränge noch Stress, selbst der obligatorische WC-Besuch verlief ohne Schlange und dank Andi auch ohne Dixie. Und dann auch der Start, völlig stressfrei konnte man sich 5 Minuten vor dem Rennen in den Block stellen. Als ich dann die Startbande sah, bekam ich Gänsehaut: Weltmeisterschaften im Berglauf, stand dort gross geschrieben, und ich mitten dabei, wow!
Der Start verlief problemlos und die kleine Extrarunde durch Interlaken zeigte bereits, was die Zuschauer so drauf hatten: Sensationell! Damit hatte ich nicht gerechnet. Was auch überraschend war: Die Sonne brannte ziemlich stark und man war schon über jeden Schatten froh. Die Strecke verlief via Bönigen und schliesslich zum ersten kleinen Anstieg nach Gsteigwiler, Antesten der Beine für den Aufstieg nach Wengen! Andi begleitete mich noch bis kurz vor diesem Anstieg, dann liess er sich etwas zurückfallen. Auch in Gsteigwiler war die Stimmung unglaublich, ich war hellauf begeistert. Während die Lütschine rechts neben mir schöne Frische produzierte, fiel mir auf, das ich gar nicht gefrühstückt hatte, weia!

Aber die tollen Verplegungsstationen hatten genug zu bieten und so ernährte ich mich mit Boullion und diversen anderen Sachen. Ab Lauterbrunnen gesellte sich Wolle zu mir und wir liefen bis zum Anstieg zusammen in einer recht flotten Pace. Und jetzt begann er, der Jungfrau, 90 Grad nach rechts und die Steigung nach Wengen lag vor uns und das gleich richtig deftig. Ich erhöhte die Frequenz massiv und töckelte den Berg hinauf. Dass es bis zur Bahnstation Wengwald, wo es wieder etwas flach wird, so lang war, konnte ich mich gar nicht mehr erinnern, obwohl ich die Strecke schon dreimal abgelaufen war. Und immer noch waren überall Zuschauer am Streckenrand und machten Stimmung, toll, das war wirklich Klasse!

 

Auf der Gletschermoräne war die Kraft zu Ende

Und dann war in Wengen der erste heftige Anstieg absolviert und was da dann los war! Einfach Wahnsinn! Als wäre die Kulisse nicht schon ein mega Highlight, denn man läuft nicht nur auf Wengen zu, sondern auch auf die 4000er des Berner Oberlandes, rechts unterhalb das Lauterbrunnental, einfach gigantisch! Obwohl ich das Alles schon wohl Tausend mal gesehen hatte, ich war wieder überwältigt! Nach Wengen wird es dann wieder ruhiger und wieder steiler, es geht in Richtung der berühmten Lauberhorn-Abfahtsstrecke, naja, da muss es ja steil sein. Jetzt spätestens gibt es gewaltig Eins auf die Mütze, die Beine sind zum ersten Mal richtig leer und das Atmen fällt schon deutlich schwerer, die Höhe macht sich zum ersten Mal ziemlich deutlich bemerkbar. Und es ist noch ein gutes Stück, nicht mehr so die Kilometer, aber die Höhenmeter! Das Schlimmste steht noch bevor.

Im Wald unterhalb der Wengeralb fühle ich mich schon wieder etwas wohler, der Schatten kühlt schön und es ist wieder etwas flacher geworden. Zeitlich liege ich noch recht gut, ich werde wohl nicht weit über den 4 Stunden im Ziel sein, aber eigentlich war mir das egal.
Zum Wixi-Lift geht es wieder bergab und dann stecke ich auch schon im Anstieg zur Gletschermoräne, hier wird es jetzt richtig steil, schliesslich fällt im Winter eine schwarze Piste herunter zum Lift. Jetzt bin ich mit meinen Kräften am Ende und ich schleppe mich noch irgendwie auf die Moräne und schliesslich zum höchsten Punkt der Strecke, kurz unterhalb der Bahnstation Eigergletscher. Die letzten 2 Kilometer führen nochmals bergab, für viele ein Horror, ich finde es toll und lasse es so richtig laufen, zur Verwunderung der Konkurrenten und der Zuschauer. Und dann ist es geschafft, ich hab meinen ersten Bergmarathon absolviert und stehe auf der Kleinen Scheidegg unterhalb der Eiger Nordwand. Ein tolles Gefühl!

Die Organisation des Marathons kann ich nur als mega bezeichnen, denn selbst im Ziel gab es keinen Stress bei den Duschen und auch nicht beim Essen und Bier. Die Leute an der verpflegung waren alle sehr freundlich und hilfsbereit, die Mitläufer gut gelaunt, schlichtweg ein super Marathon! Ob die Strecke die schönste der Welt ist, das mag ich nicht beurteilen können, für mich war es aber der schönste Marathon, den ich je gelaufen bin, das ist sicher, 12 von 10 Punkten!

Und für mich war es ja auch eine Zweifach-Premiere: Erster Bergmarathon und erster Marathon ohne Frühstück!